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Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken seit heute in Kraft - Deckelung der Abmahnkosten bei erstmaligen Verstößen

9.10.2013 | Allgemeines | Urheberrecht | von Christian Welkenbach

Am heutigen 09.10.2013 sind wesentliche Teile des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft getreten. Insbesondere im Bereich der urheberrechtlichen Abmahnung wurden bestehende Vorschriften grundlegend neu gefasst.


So sind unter § 97a Abs. 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) nunmehr die Anforderungen an die Wirksamkeit einer urheberrechtlichen Abmahnung geregelt. Danach hat die Abmahnung ab sofort in klarer und verständlicher Weise den Namen oder die Firma des Verletzten anzugeben, wenn der Verletzte nicht selbst abmahnt. Darüber hinaus müssen die Rechtsverletzung genau bezeichnet und die Zahlungsansprüche als Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche aufgeschlüsselt werden. Wenn der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt ist und diese hinsichtlich der zu unterlassenden Handlungen über die tatsächliche Rechtsverletzung hinaus geht, so muss klargestellt werden, in welchem Umfang die Unterlassungserklärung über die tatsächliche und abgemahnte Rechtsverletzung hinaus geht. Durchaus nachvollziehbar, wenn Anwälte vor diesem Hintergrund künftig davon absehen, der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beizufügen und die Problematik der Ausräumung der Wiederholungsgefahr dadurch dem Abgemahnten überlassen. Urheberrechtliche Abmahnungen, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen, sollen künftig unwirksam sein. 


Mit Absatz 3 der Vorschrift wird nun ein neuer Versuch des Gesetzgebers unternommen, den finanziellen Anreiz für Massenabmahnungen wegen erstmaligen Urheberrechtsverletzungen zu reduzieren. In dieser Hinsicht soll der Gegenstandswert als Grundlage für die Abmahnkosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) auf 1.000 Euro gedeckelt werden, wenn der Abgemahnte eine natürliche Person ist, die urheberrechtlich geschützte Werke oder andere nach dem UrhG geschützte Schutzgegenstände (z. B. Lichtbilder) rein privat verwendet und sich gegenüber dem Abmahnenden nicht bereits zuvor zur Unterlassung verpflichtet hat oder gegenüber diesem zur Unterlassung verurteilt wurde, sei es auch nur per einstweiliger Verfügung. Nur in diesem Fall sollen die erstattungsfähigen Abmahnkosten bei einer 1,3 Geschäftsgebühr (104 Euro) zzgl. Auslagenpauschale (20 Euro) lediglich 124 Euro netto betragen dürfen. Sofern der Abmahnende zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist die Mehrwertsteuer darauf nicht erstattungsfähig, so dass es bei den 124 Euro bliebe. Dies entspricht auch der neuen Linie der Rechtsprechung einiger Amtsgerichte (u. a. AG Hamburg und AG München), die das neue Recht bereits vorgreiflich angewendet haben.


Um der Anwendung des neuen § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG zu entgehen, bleibt lediglich der wachsweich formulierte Ausnahmetatbestand des § 97a Abs. 3 S. 4 UrhG, wonach die Deckelung des Gegenstandswerts auf 1.000 Euro dann nicht gelten soll, wenn dies nach den besonderen Umständen des Einzelfalles unbillig ist. Es bleibt abzuwarten, unter welchen Umständen ein solcher Ausnahmefall nach Ansicht der Rechtsprechung vorliegen soll. Denkbar wäre z. B. ein Fall, in dem es um die widerrechtliche Nutzung eines besonders hochpreisigen Computerprogrammes geht. Zweifelhaft ist indes, ob der Ausnahmetatbestand bereits bei der öffentlichen Zugänglichmachung eines ganzen Musikalbums eingreifen kann, da dies nicht nur im Einzelfall praktiziert wird und in § 97a Abs. 3 S. 2 UrhG ausdrücklich von einer Mehrzahl an Werken die Rede ist. In der Vergangenheit konnte die Abmahnindustrie häufig darauf vertrauen, dass die Gerichte eine Deckelung der erstattungsfähigen Abmahnkosten auf 100 Euro nach der bisherigen Fassung des § 97a Abs. 2 UrhG ablehnten, wenn ein ganzes Musikalbum hochgeladen wurde, da in diesem Fall nicht mehr ein rein privates Handeln des Abgemahnten angenommen werden könne. Ob die Vorschrift das erhoffte schneidige Schwert gegen Rechtsmissbrauch durch Massenabmahnungen sein kann oder nicht, wird die Rechtsprechung in den nächsten Monaten zeigen.


Neu ist auch, dass es nun erstmals eine Anspruchsgrundlage für die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten, die im Zusammenhang mit der Verteidigung gegen eine unberechtigte oder unwirksame urheberrechtliche Abmahnung entstehen, gibt. Diese Erstattung konnte bislang nur in Fällen einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung geltend gemacht werden, z. B. wenn ein Markenrecht, auf das sich der Abmahner beruft, gar nicht bestanden hat. So hat der Abgemahnte künftig sogar dann einen Anspruch auf Erstattung seiner Anwaltskosten, wenn der Abmahner der Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beigefügt hat, ohne darüber aufzuklären, inwieweit diese über den abgemahnten Rechtsverstoß hinaus geht. Ein Spielfeld für neue Diskussionen und Auseinandersetzungen.


Über die weiteren Gesetzesänderungen, die im Zuge des Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken in Kraft getreten sind, z. B. im Bereich des Wettbewerbsrechts, werden wir an dieser Stelle fortlaufend berichten.


Sollten Sie Fragen zu der Gesetzesänderung haben oder von einer Abmahnung betroffen sein, können Sie uns jederzeit kontaktieren, z. B. über unser Büro in Mainz:

 

TCI Rechtsanwälte Mainz
Isaac-Fulda-Allee 5
55124 Mainz
T: +49 6131 30290460
F: +49 6131 30290466
mainz@tcilaw.de

 

Christian Welkenbach
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz


Bildnachweis: © beermedia - Fotolia.com

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