Vergaberecht
OLG Celle: Pflicht zum Hinweis auf die Rechtsbehelfsfrist des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB in der Vergabebekanntmachung
8.07.2010 | Urteile | Vergaberecht | von Carsten Gerlach
In der Veröffentlichung einer Vergabebekanntmachung ist auf die in § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB enthaltene 15-tägige Rechtsbehelfsfrist zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens hinzuweisen. Andernfalls bleiben verspätet erhobene Nachprüfungsanträge zulässig (Beschluss des OLG Celle vom 4. März 2010, Az: 13 Verg 1/10).Sachverhalt
Der Entscheidung des OLG Celle lag ein Offenes Verfahren zur Lieferung, Montage und Inbetriebnahme elektronischer Fahrscheindrucker eines Verkehrsverbundes zu Grunde. In der Vergabebekanntmachung fand sich weder ein Hinweis auf die 15-Tages-Frist des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB noch eine Angabe der Stelle, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich waren.
Nachdem der Bieter mehrfach Rügen - zum einen hinsichtlich der Verlängerung der Angebotsfrist am 16. Juni 2009 und 30 Juni 2009, zum anderen hinsichtlich des Ausschlusses seines Angebotes am 7. August 2009 und 23. September 2009 - erhob, wurden diese von der Vergabestelle schriftlich zurückgewiesen.
Daraufhin stellte der Bieter am 2. Oktober 2009 einen Nachprüfungsantrag, mit dem er sich gegen die Nichtabhilfe seiner Rüge hinsichtlich der Verlängerung der Angebotsfrist und den Ausschluss seines Angebotes wegen unvollständiger Erklärungen wandte.
Pflicht zum Hinweis auf die Rechtsbehelfsfrist in der Vergabebekanntmachung
Die Frage, die sich hier nunmehr stellte: Ist der Nachprüfungsantrag noch fristgemäß erfolgt? Das OLG Celle hat dies bejaht.
Der Auftraggeber ist verpflichtet, genaue Angaben zu den von den Bietern zu beachtenden Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen zu machen und eine Stelle zu benennen, bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich sind. Dies ergibt sich aus § 17 a Nr. 1 VOL/A a.F. / § 15 EG Abs. 1 VOL/A n.F. i. V. m. Ziffer VI. 4.2 des Anhanges II der Verordnung (EG) Nr. 1564/2005 zur Einführung von Standardformularen.
Bei der 15-Tages-Frist des § 107 Abs. 3 Nr. 4 GWB handelt es sich nach Auffassung des OLG Celle um eine Rechtsbehelfsfrist, die in der Vergabebekanntmachung anzugeben ist.
Vorliegend wurde auf die Rechtsbehelfsfrist von 15 Tagen nach Zurückweisung der Rüge bzw. Benennung einer Stelle bei der Auskünfte über die Einlegung von Rechtsbehelfen erhältlich sind, in der Bekanntmachung im Amtsblatt der EU nicht hingewiesen.
Der Nachprüfungsantrag war somit noch zulässig.
Eindeutige Zurückweisung der Rüge
Überdies ist zu berücksichtigen, dass die Frist erst dann beginnt, wenn eine eindeutige Zurückweisung der Rüge erfolgt ist. Der übliche Schlusssatz "Für Rückfragen stehen wir Ihnen gern zur Verfügung" ist nach Auffassung des OLG Celle daher nicht empfehlenswert: der Bieter könnte darin nicht nur eine reine Höflichkeitsfloskel sehen. Vielmehr könnte der Bieter bei einer derartigen Formulierung annehmen, dass der Auftraggeber zunächst an seinen Ausschlussgründen festhalten will, einer weiteren Erörterung mit dem Bieter jedoch nicht abgeneigt wäre. Eine eindeutige Zurückweisung der Rüge läge dann nicht vor: die 15-Tages-Frist zur Erhebung eines Nachprüfungsantrags hätte noch nicht zu laufen begonnen.
Hinweis: Antworten der Vergabestelle auf Rügen sollten eindeutig und unmissverständlich formuliert sein. Auf den Schlusssatz "Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung" und ähnliche relativierende Formulierungen sollte verzichtet werden.